Strassenhündin - Millie
Rumänische Strassenhündin
Wer bist du & wer ist dein Hund?
Ich bin Florence, 34 Jahre alt, und lebe mit meinem Freund, unserer Katze und unserer Hündin im Kanton Aargau. Beruflich bin ich als Landschaftsgärtnerin und Hundetrainerin unterwegs, eine Kombination, die mir unglaublich viel Freude macht, weil ich immer draußen in der Natur arbeiten darf. Unsere Hündin Millie ist eine rumänische Straßenhündin, die aus einer Tötungsstation gerettet wurde. Sie ist eine schlanke eher zierliche Hündin mit viel Energie.
Wie alt ist dein Hund & wie lange lebt er schon bei dir?
Millie ist jetzt etwa drei Jahre alt und im Sommer 2023 bei uns eingezogen.
Welche Rasse ist dein Hund & warum hast du dich für sie entschieden?
Millie ist eine Strassenhündin, welche Rassen in ihr genau stecken, lässt sich nur schwer sagen. Aber für mich spielt das auch gar keine grosse Rolle. Ich habe keine bestimmte Lieblingsrasse, denn ich finde viele ganz unterschiedlich aussehende Hunde toll. Millie habe ich adoptiert, weil sie mir auf Anhieb gefallen hat, ihr Aussehen hat mich angesprochen, und ihre Charakterbeschreibung hat mich interessiert.
Wie habt ihr zueinander gefunden?
In einem WhatsApp-Chat wurden damals drei Hunde vorgestellt, die ein Zuhause suchten. Ganz spontan, einen Tag vor dem geplanten Transport in die Schweiz, habe ich mich gemeldet und gesagt, dass ich Millie gerne aufnehmen würde.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Millie allerdings schon Interessenten. Der Tierschutzverein suchte deshalb eigentlich nur eine Pflegestelle für sie, damit die Interessenten sie erst einmal kennenlernen konnten und ein Gefühl dafür bekamen, wie sie so tickt.
Für mich war aber schnell klar: Ich wollte keine Pflegestelle sein, sondern Millie wirklich adoptieren. Der Verein hat die Interessenten informiert und zum Glück waren sie einverstanden, dass ich Millie direkt übernehme.
Was liebst du besonders an deinem Hund?
Sie ist eine Mischung aus frechem Wirbelwind und liebevoller Begleiterin, genau diese Kombination macht sie so besonders für mich.
Was macht deine Rasse aus, Klischees, Wahrheit & Überraschungen?
Einen Strassenhund aus dem Ausland zu adoptieren, von dem man vorher nur ein paar Bilder gesehen hat das ist der Inbegriff von Überraschung. Ich hatte zwar ein paar Zeilen zu Millies Charakter gelesen: „Zurückhaltend, sensibel, anfangs ängstlich“. Aber wer ein Tier aufnimmt, lernt den wahren Charakter eben erst im Alltag kennen.
Zum Beispiel: Anfangs konnte sie keine drei Minuten Auto fahren, ohne sich zu übergeben. Das schränkt einen enorm ein, spontane Ausflüge sind da erstmal keine Option. Es braucht Zeit, Geduld und viel Übung, bis so etwas wie eine längere Autofahrt überhaupt denkbar wird. Der Traum vom Campingtrip mit Hund? Der war schnell vom Tisch.
Was ich übrigens für ein ziemliches Klischee halte, ist die Vorstellung, dass alle Strassenhunde ein schlimmes Leben hatten und nun dankbar sind, bei uns zu sein und sich deshalb ständig „bemühen“, uns zu gefallen. So einfach ist es nicht. Jeder Hund ist individuell, bringt seine eigene Geschichte mit und das muss man ernst nehmen, statt zu romantisieren.
Wie sieht euer Alltag aus?
Unsere Tage sehen ganz unterschiedlich aus je nachdem, ob ich als Gärtnerin oder Hundetrainerin arbeite.
An den Tagen, an denen ich als Landschaftsgärtnerin unterwegs bin, starten wir früh mit einer morgendlichen Runde. Danach gibt’s Frühstück für uns beide, und ich gehe zur Arbeit, meist bis etwa 12 Uhr. In der Zeit macht Millie es sich gemütlich und schläft nochmal eine Runde. Über die Mittagszeit gehen wir dann wieder raus, machen ein bisschen Kopfarbeit, also kleine Denkaufgaben oder Übungen und abends drehen wir noch eine kleine Runde.
Wenn ich über Mittag mal nicht nach Hause kann, ist Millie bei meinen Eltern und wird dort bestens umsorgt.
An den Tagen, an denen ich als Hundetrainerin arbeite, ist sie meistens mit dabei, sie macht oft aktiv mit, was ihr richtig Spass macht. Und an freien Tagen? Da schlafen wir gerne mal aus und lassen den Tag entspannt angehen.
Gab oder gibt es Herausforderungen/Probleme mit deinem Hund?
Die grösste Herausforderung war definitiv, Millie ans Autofahren zu gewöhnen. Anfangs war das wirklich schwierig schon nach wenigen Minuten wurde ihr schlecht.
Aber mittlerweile, fast zwei Jahre später, sind wir richtig weit gekommen: Sie springt von selbst ins Auto, legt sich in ihre Box und schafft eine Fahrt von etwa 60 Minuten ohne Medikamente und ohne sich zu übergeben. Längere Strecken haben wir zwar noch nicht ausprobiert, aber ich bin optimistisch, dass das auch irgendwann klappt.
Woran wir gerade noch arbeiten, ist ihr Verhalten im eigenen Quartier. Da zeigt sie sich etwas territorial, sie bellt gerne mal andere Hunde an und möchte sich dabei möglichst gross machen. Aber auch das ist ein Prozess, den wir Schritt für Schritt angehen.
Was war euer schönster gemeinsamer Moment bisher?
Für mich waren es vor allem die vielen kleinen, schönen Momente, in denen sie begonnen hat, über ihre Unsicherheiten hinauszuwachsen. Jedes Mal, wenn sie sich ein bisschen mehr zugetraut hat, wenn ihr Vertrauen zu mir spürbar gewachsen ist das waren echte Herzensmomente.
Ganz besonders erinnere ich mich daran, als sie zum ersten Mal so richtig spielen wollte, ohne angezogene Handbremse, einfach aus purer Freude. Kein Zögern mehr, keine Unsicherheit. Nur sie, die sich fallen lässt und Spass hat. Das war ein richtig schöner Augenblick für mich.
Was hast du durch deinen Hund über dich oder das Leben gelernt?
Millie hat mir gezeigt, dass nicht immer alles schnell gehen muss oder kann. Mit ihr habe ich gelernt, im Hier und Jetzt zu leben, den Moment zu akzeptieren, so wie er ist.
Dein Tipp für Menschen, die sich diese Rasse anschaffen wollen.
Wer sich für einen Tierschutzhund entscheidet, sollte den entsprechenden Verein genauso sorgfältig prüfen wie einen seriösen Rassehund-Züchter. Auch im Tierschutz gibt es leider schwarze Schafe darum lohnt es sich, genau hinzuschauen.
Wenn man noch wenig oder keine Hundeerfahrung hat, empfehle ich, sich Hunde anzuschauen, die bereits in der Schweiz auf einer Pflegestelle leben. Dort kann man meist schon deutlich mehr über ihren Charakter und ihr Verhalten sagen das hilft, eine bessere Entscheidung zu treffen.
Denn wie ich weiter oben schon erzählt habe: Es können Verhaltensweisen zum Vorschein kommen, auf die man nicht vorbereitet ist und das kann schnell überfordern, wenn man nicht die nötige Erfahrung oder Unterstützung hat.
Hinzu kommt, dass man bei einem Straßenhund oft nicht genau weiß, wie es um seinen Gesundheitszustand steht und was er schon alles erlebt hat. Viele Krankheiten oder Probleme zeigen sich erst später. So können beispielsweise Folgen von Mangelernährung auftreten, die sich negativ auf den gesamten Organismus auswirken. Der Bewegungsapparat kann betroffen sein durch einen Unfall, es können aber auch unscheinbare Entzündungen, schlechte Mundhygiene oder innere Erkrankungen bestehen, die zunächst unentdeckt bleiben. Und das kann ganz schön ins Geld gehen.
Florence & Millie